Das Gebet des scheidenden Jesus
(1) Dies sprach Jesus. Und er erhob seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht! (2) Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. (3) Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. (4) Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. (5) Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war! (6) Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. (7) Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. (8) Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast. (9) Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. (10) Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. (11) Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir.
Johannes 17,1 – 11a
Meditative Gedanken
Jesus verabschiedet sich von der Welt und richtet seine Gedanken und Bitten an Gott, seinen Vater. Jesus zieht in diesem Abschnitt des großen Abschiedsgebets ein Resümee über sein eigenes Wirken auf der Erde und verbindet dieses mit zwei Bitten an Gott: Er betet, dass er in die Herrlichkeit Gottes eingehen darf, und hält Fürbitte für die ihm anvertrauten Menschen.
Jesus hat seinen Auftrag auf Erden erfüllt. Die ihm anvertrauten Menschen hat er nach dem Willen Gottes gelehrt und geführt. Nun vertraut er sie Gott-Vater an, damit ER sie bewahre. Jesus will jetzt sein Leben und Wirken zum guten Ende bringen. Er will den Auftrag Gottes ganz erfüllen und er will – und darum betet er sehr eindringlich –, dass seine Freunde nach seinem Weggang in der Treue zu Gott weiterleben und seine Botschaft weitertragen.
Vielleicht können wir etwas flapsig sagen: Die Jünger Jesu können das Gebet auch wirklich gut brauchen. Denn seine Freunde, die ihm nachgefolgt sind, sind keine Supermenschen ohne Fehler und von hundertprozentiger Glaubenskraft, sondern es sind ganz normale Menschen, die zweifeln und Fehler machen und Jesu Worte und Taten nicht immer verstehen. Jesus weiß, dass seine Jünger den Beistand Gottes brauchen, um den Glauben weitergeben zu können, wenn er nicht mehr bei ihnen ist.
So ist der Wunsch Jesu nach einem guten Ende eigentlich die Bitte an Gott um einen guten Anfang. Es ist nun an seinen Freunden, den Glauben selbstständig weiterzuleben und die frohe Botschaft an andere weiter zu geben. Es wartet eine große Herausforderung auf sie.
Wir heute wissen und können es durch unser eigenes Christsein bezeugen, dass Gott den letzten Willen Jesu erfüllt hat: Die Botschaft Jesu hat sich ausgebreitet und über die Jahrhunderte und Generationen hinweg unzählige Menschen erreicht. Allein jetzt in unserer Zeit sind wir ca. 2,3 Milliarden Christen auf der Welt. Das Ende ist zum Anfang geworden.
Brigitte Wieder, Gemeindereferentin im Bistum Regensburg
Leiterin der Fachstelle Pastoral im Sonderpädagogischen Zentrum Abensberg-Offenstetten
Fürbitten
Jesus lebt bei Gott und ist zugleich den Menschen ganz nah. Wie die Jüngerinnen und Jünger sind wir versammelt und bitten um den Geist, den Jesus versprochen hat.
- Wir bitten um deinen Geist und seine Weisheit für alle, die in diesen Tagen wichtige Entscheidungen treffen müssen im Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Freiheit der Menschen und vielen anderen Werten.
- Wir bitten um den Geist der Einsicht für alle, die sich eingeengt fühlen oder es sind, um sich selbst und viele andere zu schützen.
- Wir beten um den Geist des Rates für die Expertinnen und Experten, deren Kompetenz jetzt gefragt ist und hilfreich sein kann; und für alle, die sich auf sie verlassen müssen.
- Wir beten um den Geist der Stärke für alle in der Pandemie Erkrankten und Infizierten; für die Menschen, die bis an den Rand ihrer Kräfte für sie sorgen – und für die vielen, die zu Hause und in der Nachbarschaft gefordert sind.
- Wir bitten um den Geist der Erkenntnis für alle, die immer noch fragen, ob und warum die Welt wirklich in der Krise ist – aktuell durch Corona und schon lange durch den rasanten Klima-Wandel.
- Wir bitten um den Geist der Frömmigkeit und des Glaubens für alle Menschen, die über ihr Leben nachdenken und dankbar sind für Gottes gute Gaben und die ganze Welt.
Wir beten um den Geist, der Ehrfurcht und Respekt einflößt vor Gott und den Menschen in Familie und Nachbarschaft, in diesem Land und in der Ferne.
Gottes Geist der Weisheit und Einsicht, des Rates und der Stärke, der Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht: deine Kraft hält die Welt am Leben und macht uns fähig zur Liebe. Wir danken dir und dem Vater, durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn.
Amen.
altfried g. rempe, Trier