(37) Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. (38) Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert. (39) Wer das Leben findet, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. (40) Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat. (41) Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil es ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten erhalten. (42) Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – Amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.
Matthäus 10,37−42
Meditative Gedanken
Wer kann sich schon seine Familie aussuchen? Ich hatte Glück – ich wurde in eine „gute Familie“ hineingeboren. Auch wenn die Anfänge für eine Aussiedlerfamilie in den 1970er Jahren in Deutschland nicht einfach waren – es fehlte an nichts: vor allem nicht an Liebe. Vielleicht gab es sogar zu viel davon, so dass sie mich bis heute fast erdrückt. Doch an der Liebe zu meiner Familie habe ich nie gezweifelt. Komischerweise hatte auch ich immer jede Menge Liebe zu verteilen.
Immer wieder sind Menschen in mein Leben getreten, denen ich meine Liebe schenken durfte und die auch mir ihre Liebe geschenkt haben oder bis heute schenken. Der „Aufbruch mit Gott“, den ich schon früh in meinem Leben gewagt habe, und die Liebe, die ich mit ihm teile: beides hat mich bis heute unendlich reich gemacht. Ich habe vielleicht nicht alles, was viele andere Menschen in ihrem Leben haben. Manchmal wünschte ich mir, dass das anders wäre. Aber am Ende allen Denkens und Haderns wird mir immer wieder klar, was ich dann alles jetzt nicht hätte: die Liebe von vielen besonderen und kostbaren Menschen, denen ich auf anderen Wegen so niemals begegnet wäre!
Jesus hat Apostel gewählt und ihnen Anweisungen für die Mission gegeben. Jetzt geht es um den Lohn: ein Leben aufgeben und ein Leben gewinnen. Ich kann nicht zwei Leben haben. Binde ich mich zu eng an meine Herkunft, komme ich nie los, bin ich nie frei für die Menschen und für Gott. Es geht um eine klare Entscheidung für einen Weg. Das macht Jesus hier besonders deutlich.
Es ist schon klar: Loslassen kostet etwas, aber es wird reich belohnt. Der Lohn, der „Gewinn“ geht über die Apostel selbst hinaus. Jesus selbst ist erfahrbar in den Begegnungen mit Menschen – sowohl für diejenigen, die sich für Gottes Botschaft einsetzen, als auch für diejenigen, die offen sind für die Botschaft von Gottes Reich.
Das darf ich selbst immer wieder erfahren. Solche Begegnungen geben mir Zufriedenheit, sie erfüllen auch andere. Das ist der Lohn. Nein, es ist Geschenk. Es macht mich reich. Ich darf es weitergeben, damit andere reich werden, ihren Weg finden, zur Ruhe kommen, getröstet werden, neue Impulse bekommen. So kann ich mit ihnen Heimat finden – und vieles mehr.
Markus Krastl, Pfarrer in der Pfarrei Heilige Dreifaltigkeit, Bistum Trier
Fürbitten
Jesus Christus will, dass wir das wirkliche Leben finden. Ihn bitten wir:
- Für die an Covid19 Erkrankten – in den deutschen Hotspots, in den USA und Brasilien und in all den vielen Ländern, wo oft die Ärmsten am stärksten betroffen sind.
- Für alle, die ihre berufliche Existenz verlieren oder um die Zukunft bangen. Für alle, für die es immer noch bedrückende Einschränkungen gibt.
- Für alle, deren Ferienzeit jetzt beginnt und die aus der vertrauten Umgebung aufbrechen. Für alle, die nicht in Urlaub fahren können.
- Für alle, die Menschen bei sich aufnehmen – für Flüchtlingshelferinnen, Gastgeber, Pflegeeltern: Für alle, die Menschen helfen, in einem neuen Umfeld anzukommen.
- Für Gläubige, die im anderen Menschen Christus erkennen. Für alle, die einen Weg der besonderen Nachfolge wählen oder suchen.
- Für alle, die in ihrem Leben ein schweres Kreuz zu tragen haben. Für jene, denen Schicksalsschläge den Weg zum Glauben verbaut haben.
- Für die Kirche, die für die Menschen und die Welt da sein will; und für alle, die den Synodalen Weg der Katholischen Kirche in Deutschland mitgehen.
Jesus Christus, Heiland und Erlöser, erbarme dich über uns und über die ganze Welt. Gedenke deiner Christenheit und führe zusammen, was getrennt ist.
Amen.
Thomas Köster, Bochum